Elmo Zanetti leert gesammelte Blüten aus einem Korb auf der Azienda agricola biologica Al Canton im Puschlav.

Bergkräutertee Al Canton

Auf der Azienda agricola biologica Al Canton im Puschlav produzieren Claudia Lazzarini und Elmo Zanetti biologische Kräutertees. Aus über 30 verschiedenen Pflanzen entstehen jährlich mehr als eine Million Beutel Tee, die an Kunden aus der ganzen Schweiz verkauft werden.

Der Hof Al Canton von Claudia Lazzarini und Elmo Zanetti befindet sich in der südlichsten Ecke Graubündens, im Weiler Cantone am Lago di Poschiavo. Aus den dort angebauten Bergkräutern entstehen Teekreationen, die klingende Namen wie „La Belle Inconnue“, „Bernina“ oder „Irma la Douce“ tragen. Die beiden bauten schon seit 1992 Pfefferminze und Brennnessel für Ricola an. Für eine eigene Teelinie entschieden sie sich aber erst im Jahr 2001. „Die Teegeschichte entstand, weil die Mutterkühe und das bisschen Kräuter für Ricola keine Existenzgrundlage für unsere Familie bildeten“, erklärt die Juristin und Biobäuerin Claudia Lazzarini. „Elmo und ich arbeiteten damals beide noch auswärts, ich an der Universität und Elmo als Biokontrolleur. Wir wollten aber hier in Cantone und von der Landwirtschaft leben.“ Deshalb legte Claudia Lazzarini Versuchsfelder für neue Sorten an. Elmo Zanetti: „Das Bergklima eignet sich wunderbar für den Kräuteranbau. Zwar wachsen die Pflanzen langsamer als im Flachland, aber ihr Aroma entwickelt sich intensiver.“ Trotzdem verlief der Anfang harzig, denn die Familie hatte die Schwierigkeiten bei der Vermarktung unterschätzt. Als sie Globus als Abnehmer gewinnen konnten, fiel den beiden ein Stein vom Herzen. Aber erst mit dem Kauf einer Maschine, mit deren Hilfe Tee in Pyramidenbeutel verpackt wird, kam der Durchbruch. „Am Bio Marché, der grössten Schweizer Bio-Messe in Zofingen, gingen die Pyramiden weg wie warme Weggli. Die Leute kauften die Beutel anfangs, weil sie so hübsch aussahen und dann, weil sie den Tee liebten“, so Claudia. „Dadurch, dass in den Pyramiden grosse Blatt- und Blütenteile Platz haben, ist die Qualität hervorragend.“

Das Projekt in Kürze

  • Nominiert 2013
  • Landwirtschaftsbetrieb mit Kräuterproduktion
  • Absatzkanäle: Warenhaus Globus, Hotels, Restaurants und kleine Spezialgeschäfte
  • Le Prese/GR

Von der erfrischender Minze bis zum fruchtigen Orangenthymian

Die Tees sichern heute nicht nur die Existenz der Familie. Auf dem Hof arbeiten auch vier Angestellte Vollzeit. Bei der Ernte helfen zwei Teilzeitmitarbeiter. Pro Jahr entstehen so eine Million Beutel Tee, was einem Gewicht von 1.3 Tonnen Kräuter entspricht. Mittlerweile wachsen auf den sonnigen Berghängen und im fruchtbaren Tal über 30 verschiedene Blatt- und Blütenpflanzen. Neben klassischen Sorten wie Verveine und Pfefferminze finden sich darunter auch spezielle Arten wie Orangenthymian oder Agastache Mexicana. Die Rezepte für ihre Teemischungen entwickelt Claudia Lazzarini selber, wobei ihr das über die Jahre erworbene Wissen um Kräuter zu Gute kommt. Wichtig ist aber auch die Geschichte hinter einer Komposition. „Das Gefühl muss aus dem Bauch kommen“, so Lazzarini. „Mich inspirierte zum Beispiel Frida Kahlo zu einer Teemischung, deren Farben an die Gemälde der Künstlerin erinnern.“ Verkauft werden die Tees von Al Canton an Kunden im ganzen Land, darunter Globus, die Fairtradeorganisation Gebana, Restaurants, kleine Spezialgeschäfte und Hoflädeli.

Durch Austausch entsteht Unerwartetes

Bei der Herstellung der Tees achten Claudia und Elmo auf umweltschonende Herstellung. „Wir produzieren nicht nur nach den Vorgaben von Biosuisse, sondern haben zusätzliche ökologische Massnahmen ergriffen. Beispielsweise kompostieren wir den Mist und haben eine Wildobsthecke gepflanzt“, so Elmo Zanetti. Auch auf den respektvollen Umgang mit den Mitarbeitern wird grossen Wert gelegt. „Wir zahlen unseren Angestellten anständige Löhne und wertschätzen ihre Arbeit.“ Die ganze Familie ist mit Herzblut dabei. „Unser Erfolgsrezept ist, dass wir uns mit ganz verschiedenen Menschen austauschen und immer bereit sind etwas zu lernen“, sagt Claudia Lazzarini. Durch Gespräche mit Rosenzüchtern, Umweltwissenschaftlern, Chocolatiers und vielen mehr entsteht immer wieder Neues, Unerwartetes. Ein Dessertchef beispielsweise kreierte nach einer Hofführung ein Sorbet aus Verveine und Birnen und ein Chocolatier stellt Pralinen mit Rosenmelisse von Al Canton her. Die Ideen gehen Claudia und Elmo nicht aus. Sie würden gerne einen Früchtetee herstellen, der ohne zusätzliche Aromen auskommt und beuteltauglich ist. „Wir sind schon mit Wallisern im Gespräch. Uns schwebt ein transalpiner Aprikosen-Kräutertee vor“, sagt Lazzarini.

Bilder: zvg

Erschienen im Juli 2019