«Graines de pays»
Ein Projekt für die Verarbeitung und den Verkauf von über 40 Sorten Saatgut aus der Region
Ein Projekt für die Verarbeitung und den Verkauf von über 40 Sorten Saatgut aus der Region
Koriandersamen, Linsen, Kümmel oder Chiasamen: Das sind alles Produkte, die nur in warmen Ländern wie zum Beispiel Mexiko, Indien oder Marokko angepflanzt werden können. Falsch gedacht. «Die Felder und das Klima in unserer Region eignen sich hervorragend für die Anpflanzung von Linsen, Chiasamen oder ähnlichen Sorten», sagt Ignace Berret, Geschäftsführer des Agrocentres in Courtételle im Kanton Jura. Der Betrieb gehört zur Genossenschaft «Société coopérative agricole de Courtételle» und kümmert sich um die Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten aus der Region. Die Genossenschaft wurde 1915 gegründet und zählt heute rund 90 Mitglieder, alles Bäuerinnen und Bauern aus der Region. Bis vor kurzem konzentrierte sich die Genossenschaft vor allem auf die Verarbeitung von Getreide und den Verkauf von Düngemittel. Nun geht sie einen Schritt weiter: Mit dem Projekt «Graines de pays; du champ à l’assiette», was so viel heisst wie «Lokales Saatgut, vom Feld auf den Teller», pflanzen die Bauern auf ihren Feldern Sorten wie zum Beispiel Hirse, Linsen, Hanf- oder Koriandersamen an, um diese im Agrocentre zu verarbeiten und im gleichen Gebäude zu verkaufen. «Produkte dieser Art haben für unsere Landwirtschaft ein riesiges Potential», sagt Ignace. «Pflanzliche Proteine sind immer mehr gefragt und können auf verschiedenste Weise verarbeitet werden».
Über 40 Sorten Saatgut gedeihen auf den Feldern der Bauern in der Region Courtételle. «Die Bauern hier in der Region sind unglaublich innovativ. Sie sind offen für neue Sachen, pflanzen neue Sorten an, probieren aus. Da sind wir gefordert, ihnen diese Produkte abnehmen und weiterverarbeiten zu können», sagt Ignace. Dafür hat die Genossenschaft extra drei Feinsortiermaschinen angeschafft. Mit diesen ist es möglich, die Produkte im Agrocentre zu sortieren und für den Verkauf bereit zu machen. «Dank diesen Maschinen können wir zum Beispiel die Linsen von kleinen Steinchen trennen, die in der Ernte landen. Von blossem Auge sieht man diese kaum», sagt Ignace. Ein Schritt, der für die Weiterverarbeitung der Produkte unerlässlich ist. In der Region sind sie die einzigen, die solche Maschinen besitzen. «Es kommen auch Bauern von weiter her mit ihren Produkten zu uns», sagt Ignace. Doch vor allem für die regionale Landwirtschaft bieten sich neue Möglichkeiten: «Das Agrocentre erledigt mit den Sortiermaschinen Arbeiten, welche die Bauern selbst nicht erbringen können. Das gibt der Landwirtschaft neue Impulse und sorgt dafür, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt», sagt François Monin, Direktor des kantonalen Bauernverbandes Agrijura.
Jury-Mitglied Peter Niederer
Für Ignace war klar, dass die Produkte nicht nur verarbeitet, sondern auch gleich vor Ort an die Konsumentinnen und Konsumenten gelangen müssen: «Die Verarbeitung ist ja an sich nichts Aussergewöhnliches. Aber, dass wir diese im selben Gebäude verkaufen, das ist schon etwas Besonderes», sagt Ignace. Unter dem gleichen Dach, rund 20 Meter neben den Sortiermaschinen, befindet sich seit drei Jahren der Laden «Kilomètre zéro», auf deutsch null Kilometer. «Ziel ist, dass hier alle Produkte möglichst wenige Kilometer auf dem Buckel haben», sagt Ignace. Nebst den eigenen Erzeugnissen führt der Laden noch viele weitere lokale Spezialitäten im Sortiment, vom Craft-Bier aus Soulce bis zu den selbstgemachten Teigwaren aus Boécourt. Damit zukünftig noch mehr davon Platz haben, wird der Laden demnächst vergrössert. «Wir freuen uns sehr auf den neuen Laden», sagt Ignace. Die Ideen gehen ihm nicht aus: «Wir wollen das Angebot mit unseren eigenen Produkten stetig erweitern, zum Beispiel mit einem Linsen-Burger oder mit einem Müsli, das nur Zutaten von den Feldern rund um Courtételle enthält». So wird die Genossenschaft auch in Zukunft die Erzeugnisse der Bauern aus der Region abnehmen können. Egal, wie ausgefallen sie sind.