Sennerei Nufenen

Im Bündner Bergdorf Nufenen auf rund 1'600 m ü. M. hat die Milch- und Käseproduktiion eine lange Tradition. Diese neu belebt und für den liberalisierten Käsemarkt konkurrenzfähig gemacht haben die über 20 engagierten Sennereigenossenschafter aber erst gegen Ende der 1990er-Jahre.

Die Bergbauern entschlossen sich damals, ihre wertvolle Bio-Bergmilch nicht länger einfach nur in der Sennerei abzuliefern, sondern das Heft selber in die Hand zu nehmen: Seither betreiben sie die Herstellung und den Verkauf ihres Bergkäses gemeinsam auf eigenes unternehmerisches Risiko. 25 Tonnen – das sind rund 5'000 Laib Käse – der Jahresproduktion von 120 Tonnen Käse exportiert die Sennerei Nufenen unterdessen nach Deutschland. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind der ausgeprägte Gemeinschaftssinn der Beteiligten und die starke Überzeugung, dass das Berggebiet dann wettbewerbsfähig ist, wenn es seine Stärken und Trümpfe authentisch ausspielt.Auf die Käserei gekommen ist Christian Simmen quasi über Nacht: Vor 16 Jahren befanden die alteingesessenen Mitglieder der Sennereigenossenschaft Nufenen, es sei an der Zeit, den Jungen die Verantwortung zu übertragen. So wurde Simmen als 23-jähriger Jungbauer zum Käserei-Präsidenten gewählt. Damals verkauften die Bauern des auf rund 1'600 m ü. M. gelegenen Bündner Bergdorfs ihre Milch noch an den Milchverarbeiter Toni, der die Sennerei betrieb. Dann kam gegen Ende der 1990-er Jahre das Umdenken: „Bei uns Landwirten war das Bewusstsein gewachsen, dass wir in der ganzen Liberalisierung langfristig nicht mit den Unterland-Bauern konkurrieren können. Bei uns ist die Vegetationszeit kurz, die Wege aber sind lang. Wir kamen zur gemeinsamen Überzeugung, dass wir im Wettbewerb nur eine Chance haben, wenn wir die Stärken des Berggebiets und Trümpfe einer naturnahen Produktion ausspielen“, erklärt Christian Simmen, der heute die Sennerei Nufenen als Geschäftsführer leitet.

Das Projekt in Kürze

Entscheidender Gemeinschaftssinn

Den ersten Schritt in diese Richtung hatten die über 20 Nufener Bauernfamilien bereits getan, als sie 1992 kollektiv auf Bio-Landwirtschaft umgestellt hatten. „Als nächstes sagten wir uns, eigentlich könnten wir die Käserei auch selber betreiben“, erinnert sich Simmen. Unser Ziel: In eigener Verantwortung die Wertschöpfung – einen guten Milchpreis, die Herstellung von Bündner Bergkäse und die Vermarktung – möglichst in unserer Randregion zu behalten.“ So wurden die bisherigen Milchproduzenten 1998 zu Unternehmern. „Wir haben das Milchkaufverhältnis aufgelöst, selber einen Käser angestellt und mit dem Vermarkten begonnen. Es war ein Wagnis: Wir sassen auf einem alten Gebäude, hatten keine Liquidität und wussten wenig übers Käsen und Führen eines Betriebs“, schildert Christian Simmen die Anfänge. Profitieren konnten die „Jungunternehmer“ höchstens von teilweise vorbestehenden Vertriebskanälen. Natürlich gab es bei der Geschäftsentwicklung Höhen und Tiefen. „Entscheidend fürs Gelingen war immer der starke Gemeinschaftsgeist der Genossenschafter. Wir haben einen sehr guten Zusammenhalt und gemeinsam schon viel geleistet.“

Entwicklungsschritt gelungen – weil alle anpackten

2003 konnten die unternehmerischen Sennereigenossenschafter das Gebäude und die Produktionsanlage erneuern. Sukzessive gelang es, mit der eigenen Käsemarke „Via Mala“ neue Märkte zu erschliessen, insbesondere auch in Deutschland, wo heute 25 Tonnen der jährlichen Produktion von 120 Tonnen abgesetzt werden. Etwas mehr als die Hälfte der Produktion geht als Bündner Bergkäse an Emmi. Für die Direktvermarktung ist laut Simmen die persönliche Nähe zum Produkt der Schlüssel: „Wenn wir an Messen gehen, kommen immer Bäuerinnen und Bauern aus Nufenen mit, sogar bis nach Berlin.“ Kürzlich hat die Sennerei den bisher grössten Entwicklungsschritt gemeistert: Den Bau eines Reifelagers für 14'000 Laib Käse. Das gelang nur dank einer enormen Gemeinschaftsleistung der Genossenschafter von 4'500 Arbeitsstunden. Die wirtschaftliche Bedeutung ist der Sennerei ist gross: „Wenn man die Bauernfamilien und Mitarbeiter der 21 beteiligten Milchwirtschaftsbetriebe zusammenzählt, sind es 110 Personen, die direkt von der Käserei abhängen“, betont Simmen. Angesagt ist weiterhin ein nachhaltiges Wachstum. Regelmässig interessieren sich andere Käsereigenossenschaften aus der ganzen Schweiz dafür, wie die Nufener so erfolgreich ihre Sennerei betreiben. Und auch ihnen versichert Simmen: „Was wir erreicht haben, ging nur gemeinsam.“

Bilder: zvg

Erschienen im Juli 2012