Baumwipfelpfad Neckertal
Perspektivenwechsel für den naturnahen Tourismus im Toggenburg
Perspektivenwechsel für den naturnahen Tourismus im Toggenburg
Es
zwitschert, rauscht und knarrt, wenn man auf dem Holzsteg innehält, der
sich auf bis zu 45 Meter über dem Waldboden zwischen den Bäumen
hindurchschlängelt. Die Blätter und
Zweige ragen
in den Fussgängerweg hinein und laden ein, sie zu befühlen, zu
untersuchen und an ihnen zu riechen. Der Baumwipfelpfad ist ein Erlebnis
für alle Sinne.
Zudem bieten die zahlreichen Infoposten Einblicke in das Ökosystem Wald und liefern spannende Fakten zu den Waldtieren. Ein Angebot, auf das die Schweiz scheinbar gewartet hat. «Ausgerichtet war der Baumwipfelpfad ursprünglich auf eine Besucherzahl von 30’000 Personen jährlich», sagt Geschäftsführerin Melanie Anon, «doch wir wurden komplett überrannt. Bereits im ersten Jahr zählten wir über 100’000 Besucherinnen und Besucher.» Die Betreiber des Baumwipfelpfads mussten schnell reagieren und ihre Infrastruktur ausbauen. Aus anfänglich drei Festanstellungen und vielen Ehrenamtlichen wurden innerhalb von drei Jahren fünf Vollzeit- und rund 25 Teilzeitstellen. Dazu kommen die 28 sogenannten Wipfelrangerinnen und –ranger, die auf Stundenlohnbasis thematische Führungen in verschiedenen Sprachen anbieten.
Bruno Vogt ist Teil des Initiativkommitees und musste sich vielen kritischen Stimmen stellen. «Viele fürchteten den Rummel, der in Mogelsberg entstehen würde. Wir hingegen versuchten, ein Angebot zu entwickeln, das einen naturnahen Tourismus fördert, von dem auch das lokale Gewerbe profitiert», so Vogt. Von Beginn weg wurden deshalb die wichtigsten Voraussetzungen definiert: Es sollten vorwiegend natürliche Materialien aus der Region verwendet und regionale Lieferanten einbezogen werden. Zudem sollte der Pfad barrierefrei zugänglich sein und die Topografie und Biodiversität des Standortes berücksichtigen. All diese Faktoren schaffte ein Projektteam der Berner Fachhochschule in ihrem Gestaltungsvorschlag zu vereinen. Und so gewann ihr Projekt, den ausgeschriebenen Gestaltungswettbewerb. Es entstand ein spektakulärer, organisch anmutender Holzsteg aus modularen Elementen nach Vorbild des Brio-Bahn-Systems, gestützt auf rund 200 Masten aus einheimischem Tannenholz. Das Resultat vermochte schliesslich alle Zweifel auszuräumen. Und auch das anfängliche Parkplatzproblem wurde souverän gelöst mit dem Kauf einer ausgedienten Tennishalle. Von dieser soll schon bald ein neuer Fussgängerweg zum Baumwipfelpfad führen.
Heute geniesst der Baumwipfelpfad eine breite Abstützung in der Region. Sibylle Brunner, von der nahegelegenen Bäckerei Brunner ist begeistert von der Zusammenarbeit: «Seit wir das Wipfelbistro mit Süssgebäck und Brötchen beliefern dürfen, konnten wir unseren Umsatz wesentlich steigern». Eine weitere wichtige Partnerin des Baumwipfelpfades ist die Stiftung Säntisblick, eine Institution für Menschen mit Behinderung. Neben der Herstellung von Holzmedaillen und anderen Souvenirs in ihren Werkstätten, ergänzen drei kognitiv beeinträchtigte Personen wöchentlich das Team im Büro und im Shop. Nicht nur für sie ist die Arbeit an diesem wunderschönen Ort mehr als nur ein Job.
Jury-Mitglied Gabriela Manser