Die Handweberei Tessanda wurde vor gut 90 Jahren gegründet. Heute ist sie die grösste der drei verbleibenden Schweizer Handwebereien.

Handweberei Tessanda

Eine Handweberei, die den Sprung in die Zukunft geschafft hat.

Das wilde Münstertal am östlichsten Zipfel der Schweiz ist nicht nur bekannt als Tor zum Nationalpark. Genauso wichtig für die Region ist die grösste Schweizer Handweberei, die heute noch in Betrieb ist.

Das Projekt in Kürze

  • Publikumspreis 2020
  • Handgewobene Textilien
  • 17 Mitarbeiterinnen davon zwei Lernende (9,7 Vollzeitstellen)
  • Santa Maria/GR

Etwas anzetteln, dabei den Faden nicht verlieren, das Gelernte abspulen und damit alle um den Finger wickeln. Das Weben als jahrhundertealte Tradition hat nicht nur in unserer Sprache Spuren hinterlassen. Im Münstertal prägt das Handwerk bis heute das Gewerbe und das Erwerbsleben vieler Frauen. Gegründet wurde die Handweberei Tessanda (von rätoromanisch tesser = weben) vor gut 90 Jahren, um den Frauen im Tal eine Möglichkeit zu bieten, einen anerkannten Beruf zu lernen und ein eigenes Einkommen zu erzielen. Heute ermöglicht die Tessanda 15 Gewebegestalterinnen, ihren Beruf überhaupt noch ausüben zu können. Einige Mitarbeiterinnen sind für diesen besonderen Arbeitsplatz sogar extra ins Münstertal gezogen. Als grösste der drei verbliebenen Handwebereien der Schweiz, übernimmt die Tessanda ausserdem eine wichtige Rolle in der Ausbildung von Gewebegestalterinnen. Im aktuellen Jahrgang sind es in der ganzen Schweiz gerade mal fünf junge Frauen, die den Beruf erlernen. Auch das Überleben der Tessanda hing mehrmals am seidenen Faden. Der Umsatz der ersten Jahrzehnte nach ihrer Gründung 1928 stagnierte mit dem Aufkommen industriell gefertigter Textilien. Dennoch schaffte es die Tessanda mit vereinten Mitteln, 1959 das Haus an der Dorfstrasse zu erwerben, in dem sie heute noch zu finden ist. Obwohl das traditionelle Kunsthandwerk später wieder mehr Beachtung erhielt, blieb dessen Absatz eine Herausforderung.

Rundum-Erneuerung sicherte die Zukunft

Dass es im alten Gebäude im Dorfkern von Santa Maria heute noch klappert und knarrt, ist vor allem einer Frau zu verdanken. «Am schönsten ist es, wenn an mehreren Webstühlen gearbeitet wird und das ganze Haus vibriert», sagt Maya Repele, die 2018 die Geschäftsführung des angeschlagenen Unternehmens übernahm. «Mir wurde schnell klar, wie viel Know-how und Kulturgut mit der Tessanda verloren ginge. Ich wollte das Unternehmen unbedingt zurück auf Erfolgskurs bringen». Gemeinsam mit ihrem Team begann sie die Produktepalette zu überdenken und traditionelle Muster durch moderne Farbkombinationen aufzuwerten. Gleichzeitig musste ein zeitgemässer Auftritt her, der den Schmuckstücken gerecht wurde. Die Überarbeitung der Marketingstrategie traf ins Schwarze, die Nachfrage nach den hochwertigen Textilien wurde immer grösser. «Dank der Einführung von Arbeitsplänen und besseren Prozessen können wir unsere 25 Webstühle optimal auslasten», sagt Repele. «Gerne würde ich gezielter auch Geschäftskunden akquirieren, doch dafür müssten wir schon bald expandieren». Der Laden mit integrierter Schauweberei läuft seit diesem Sommer auf Hochtouren. Ein Besuch bei der Handweberei Tessanda ist inzwischen fester Bestandteil des touristischen Angebots im Münstertal. Viele Produkte gehen als Souvenirs über den Ladentisch – jedes davon liebevoll etikettiert mit dem Namen seiner Herstellerin.

Text: Sarah Eicher
Bilder: Max Hugelshofer
Video: Daniel Farrèr

Erschienen im Oktober 2020

  • «Maya Repele hat mit viel Mut und unternehmerischem Know-how gebündelt, was die Tessanda heute ausmacht: ein hochwertiges Produkt, ein glaubwürdiges Marketing und ein starkes Team.»

    Jury-Mitglied Peter Niederer

Weitere Prix Montagne-Projekte

Zur Projektübersicht
Dorothea Strauss und Nik Hartmann verkünden den Publikumssieger

Wer sollen den Publikumspreis 2020 gewinnen?

Zur Abstimmung