Cassiano Luminati und sein Team sorgen dafür, dass das Puschlav lebendig bleibt und sich gegen die Abwanderung stemmt.

Polo Poschiavo

Das alpine Kompetenzzentrum für die Zukunft des Valposchiavo

In punkto geografischer Abgeschiedenheit mischt das Valposchiavo, auf Deutsch Puschlav, schweizweit ganz vorne mit. Dennoch herrscht im Bündner Südtal Aufbruchstimmung. Seit mehr als 20 Jahren agiert der Verein «Polo Poschiavo» vor Ort als Treiber der regionalen Entwicklung. Geschäftsführer Cassiano Luminati und sein Team kümmern sich um die nachhaltige Zukunft des Tals und sorgen mit ihren Projekten für Aufschwung und Perspektive.

Das Projekt in Kürze

  • Kurse und regionale Entwicklungsprojekte
  • Neun Angestellte, davon zwei Vollzeitstellen
  • Poschiavo/GR

Im Puschlav, am Fuss des Berninapasses in Richtung Italien, kommt man nicht zufällig vorbei. Das abgeschnittene, italienischsprachige Südtal das Kantons Graubündens zählt 4600 Einwohner und beheimatet die weltbekannten UNESCO-Viadukte der rhätischen Bahn. Mittendrin, im Dorfkern von Poschiavo, hat Cassiano Luminati sein Büro. Der 51-jährige Puschlaver ist der Geschäftsführer von «Polo Poschiavo». Polo? Da denkt man doch gleich an Männer mit Helm und Polohemd, die auf Pferden reitend einen Holzschläger schwingen. Mit dem Sport Polo hat der Verein aus dem Puschlav allerdings nichts zu tun. «Polo» heisst auf italienisch Pol. Und wie die Kompassnadel immer zum Nordpol zeigt, soll der «Polo Poschiavo» alle Ideen und Initiativen bündeln, die das Puschlav beleben. Der Verein ist ein Kompetenzzentrum für Weiterbildungen und Regionalentwicklungsprojekten im Valposchiavo – und darüber hinaus. «Wir sehen uns als Instrument für die wirtschaftliche und nachhaltige Entwicklung des Tals», sagt Cassiano und fügt an: «Dort, wo das einheimische Gewerbe Unterstützung braucht, wo traditionelles Wissen zu verschwinden droht oder Weiterbildungsangebote nötig sind, versuchen wir zu helfen».

Von Digitalisierungskursen bis zum Bau von Trockenmauern

Der Verein «Polo Poschiavo» wurde 2002 gegründet. Mitglieder sind nebst der Region Bernina und den Gemeinden Poschiavo, Brusio und Bregaglia auch der Handels- und Gewerbeverein Valposchiavo sowie die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung. Für den Gemeindepräsidenten von Poschiavo, Giovannni Jochum, ist «Polo Poschiavo» wegweisend für die Zukunft des Tals: «Wir stehen, wie viele andere Bergtäler auch, vor grossen Herausforderungen, was die Zukunft der Region betrifft. Mit «Polo Poschiavo» haben wir einen wichtigen Akteur, der die nötigen Projekte zur nachhaltigen Entwicklung unserer Region umsetzt.» Die Projekte von «Polo Poschiavo» sind so vielseitig wie die Region selbst. Da gibt es Initiativen zur Unterstützung von Landwirten, damit diese ihre Produkte besser vermarkten können, oder Kurse für den Bau von Trockenmauern, um das kulturelle Landschaftsbild des Tals zu erhalten. Im Bereich der Bildung bietet der Verein Sprachkurse für Grenzgänger oder Flüchtlinge an, damit sich diese im Arbeitsmarkt der Region möglichst gut integrieren können. Aber auch Digitalisierungskurse für das einheimische Gewerbe werden in regelmässigen Abständen durchgeführt. «Diese Kurse sind entscheidend, damit das hiesige Gewerbe mit den Unternehmen aus städtischen Gebieten mithalten kann. Gäbe es diese Kurse hier nicht, würden viele den Anschluss verpassen», sagt Carlo Vassella, Präsident des Handwerks- und Gewerbeverbandes Valposchiavo und Eigentümer von «Vassella Energie».

  • «Wie Cassiano und sein Team es schaffen, seit 20 Jahren mit einer Vielzahl an Projekte die Region auch wirtschaftlich zu beleben, ist schlicht eindrücklich. All diese Projekte sind eminent wichtig, damit im abgelegenen Bergtal Wertschöpfung generiert werden kann. Nur so können die Menschen auch in Zukunft im Puschlav leben.»

    Jury-Mitglied Peter Niederer

Das letzte Puzzleteil

Cassiano Luminati und sein Team sind bemüht, dort anzusetzen, wo das letzte Puzzleteil noch fehlt. «Das Valposchiavo ist voll mit traditionsreichem Gewerbe, innovativen Projekten und kulturellem Erbe. Wir wollen als Bindeglied agieren und dort unterstützen, wo es noch eine Lücke zu schliessen gibt», sagt Cassiano. Seit mehr als 20 Jahren läuft das Projekt «Polo Poschiavo» nun schon. «Wir sehen jetzt, dass die Projekte greifen. Ich wünsche mir, dass wir mit unserem Modell andere, vergleichbare Bergtäler motivieren können, unser Konzept zu übernehmen». Insgesamt neun hochwillkommene Arbeitsplätze hat «Polo Poschiavo» geschaffen und sorgt mit einer Vielzahl an Aktivitäten dafür, dass die Wertschöpfung im Tal bleibt. Von einem kleinen Projekt, das sich damals mit Hilfe neuer Technologien mit dem Rest der Welt vernetzen wollte, wuchs «Polo Poschiavo» zu einem Kompetenzzentrum für nachhaltige Entwicklung über die regionalen, ja sogar nationalen Grenzen hinaus.

Text: Lukas Ziegler
Bilder: Max Hugelshofer
Video: Daniel Farrèr

Erschienen im Juli 2023